Hermann Huber

1912, Internationale Kunstausstellung des Sonderbundes westdeutscher Kunstfreunde und Künstler zu Cöln 1912, Städtische Ausstellungshalle Köln

ID
681
Titel
1912, Internationale Kunstausstellung des Sonderbundes westdeutscher Kunstfreunde und Künstler zu Cöln 1912, Städtische Ausstellungshalle Köln
Datum
25. Mai 1912 - 30. September 1912
Adresse
Nordrhein-Westfalen
Beschreibung

1912, 25. Mai – 30. September: Internationale Kunstausstellung des Sonderbundes westdeutscher Kunstfreunde und Künstler zu Cöln 1912, Städtische Ausstellungshalle am Aachener Tor, Köln

Gemälde "Reiter" mit Nr. 306 in Saal 12

Quelle:
Sonderbund Westdeutscher Kunstfreunde und Künstler (Hrsg.): Internationale Kunstausstellung des Sonderbundes Westdeutscher Kunstfreunde und Künstler zu Cöln, 1912. Cöln a. Rhein : M. Dumont Schauberg, Köln 1912, Seite 48 (archive.org [abgerufen am 1. März 2021]).

Wikipedia über den Sonderbund:(https://de.wikipedia.org/wiki/Sonderbund_(Malerei))
Von den Gemeinschaftsausstellungen des Sonderbunds war die Internationale Kunstausstellung des Sonderbundes westdeutscher Kunstfreunde und Künstler 1912, am bedeutendsten. Sie war die vierte und fand – nach den drei Ausstellungen in Düsseldorf in den Vorjahren – im Jahr 1912 in Köln, Am Aachener Tor, vom 25. Mai bis zum 30. September statt.[6] Laut Katalog sollte dort die „vielumstrittene Malerei unserer Tage“, die Moderne, systematisch vertreten sein. Mitorganisator war Alfred Flechtheim.[7]

Im Mittelpunkt der insgesamt 634 Werke, die auf 29 Säle verteilt waren, standen nach Vincent van Gogh mit 107 Werken, dem die Säle 1 bis 5 zugeteilt waren, die Franzosen, die in kleinen Einzelpräsentationen in den Sälen 6 bis 9 gezeigt wurden: Paul Cézanne mit 24 Bildern und zwei Aquarellen in Saal 6, Paul Gauguin, der in einem eigenen Saal – Saal 7 – ausgestellt war. Die umfangreiche, gleichwohl getrennte Präsentation ermöglichte die Darstellung der Künstler in ihrer einmaligen, spezifischen Bildsprache.

Pablo Picasso, der in Saal 8 gezeigt wurde, war mit 16 Werken vertreten neben Henri Matisse, Georges Braque, André Derain, Auguste Herbin, Maurice de Vlaminck und Odilon Redon mit zwei Stillleben, Kees van Dongen sowie den Fauves in Saal 10 und 11. In Saal 10, dem Saal der Niederländer, hing Piet Mondrians Hyazinthe-Zeichnung in direkter Nachbarschaft zu Peter Alma, und Otto van Rees, Henri Edmond Cross und Paul Signac teilten sich Saal 9. Die Schweizer Künstler Ferdinand Hodler, Cuno Amiet, Hermann Huber und Giovanni Giacometti waren in Saal 12, österreichische Vertreter wie Oskar Kokoschka, Egon Schiele und Albert Paris Gütersloh in Saal 15, Edvard Munch in Saal 20 zu sehen.

Zudem war die Neue Künstlervereinigung München (N.K.V.M.) mit Werken von Adolf Erbslöh, Alexej Jawlensky, Alexander Kanoldt und Wladimir Bechtejew in den Sälen 17 und 18 sowie Pierre Girieud und Karl Hofer in den Sälen 10 und 23 vertreten, Werner Heuser in Saal 23[8], ferner die deutsche Brücke und eine Auswahl der Künstler des Blauen Reiters – unter anderem Wassily Kandinsky und Franz Marc – in den Sälen 21 bis 24.[9] August Deusser erhielt mit Saal 25 den größten Platz. El Greco, der sowohl Picasso als auch die Expressionisten inspiriert hatte, war mit einem Gemälde im Picasso-Raum vertreten.[10]

Der Bildhauer Bernhard Hoetger erhielt das Privileg eines eigenen Raumes, in dem sein Figurenzyklus der Licht- und Schattenseiten des Lebens gezeigt wurde (15 Arbeiten).[11]

Die ein Jahr später dem Rheinischen Expressionismus verbundenen Künstler waren vertreten durch Carlo Mense, Heinrich Nauen, Hans Thuar, Olga Oppenheimer und Walter Ophey. Dieser wurde in Saal 21 gemeinsam mit je einem Gemälde von August Macke, Franz Matthias Jansen, William Straube und Max Clarenbach und je zwei Werken von Rudolf Levy sowie zwei Plastiken von Wilhelm Lehmbruck ausgestellt. Fünf Werke von Heinrich Nauen, zwei Gemälde von August Macke und je ein Gemälde von Helmuth Macke, Max Pechstein und Georg Tappert wurden in Saal 22 gezeigt.[12] Im Saal 16 wurden Arbeiten von Walther Bötticher, Erich Heckel, Hans Keller, Ernst Ludwig Kirchner, César Klein, Carlo Mense, Wilhelm Morgner, Otto Mueller, Max Pechstein, Karl Schmidt-Rottluff und Georg Tappert präsentiert. Des Weiteren waren Paula Modersohn-Becker, Hanns Bolz, Otto Freundlich und Paul Klee zu sehen. Ferner gab es die Säle I bis IV, in denen eine kunstgewerbliche Ausstellung der „Gilde“ zu sehen war.[13][14]

Bilder in der Ausstellung
Die Ausstellung markierte den Abschied von den konzeptionslosen Sammelschauen des 19. Jahrhunderts, indem sie, international ausgerichtet, programmatisch und nichtkommerziell, einen neuen Ausstellungstypus begründete. In Anerkennung der modernen Malerei wurden die Exponate auf einer weißen Wand und mit zumeist einreihiger Hängung ausgestellt; diese Mittel verhalfen dem Eigenwert der Farbe und Form zu größerer Wirkung und beeinflussten nachfolgende Einrichtungen von Ausstellungen bis in die Gegenwart. Das Vorbild hierfür war eine geplante Ausstellung zeitgenössischer französischer Künstler wie Édouard Manet und Paul Cézanne im Jahr 1897 in der Nationalgalerie Berlin; der Gemäldekauf und die im Vorfeld neuartig angelegte Präsentation stammte von dessen Direktor Hugo von Tschudi. Sie wurde jedoch von Kaiser Wilhelm II. abgelehnt und nach alten Regeln ausgeführt; die akademische Malerei dominierte weiterhin, und die französischen Künstler erhielten nur einen abgelegenen Ausstellungsraum. Weitere Neuerungen in Köln waren unter anderem die Kurzführer zu den ausgestellten Werken je Raum, Straßentransparente und Erfrischungsräume.[15] Dabei war die Präsentationsweise nicht ganz neu: Bereits die Eröffnung der Mathildenhöhe in Darmstadt 1901 folgte einem einprägsamen und einheitlichen Gesamtkonzept und auch James McNeill Whistler verfolgte bereits 20 Jahre früher komplexe Gestaltungsprinzipien. Besonders an der Sonderbundausstellung des Jahres 1912 war die Konsequenz, mit der eine „Corporate Identity“ der Ausstellung geschaffen worden war. Für die Gestaltung war Fritz Helmuth Ehmcke verantwortlich, der auch die Entscheidung für weiße Wände mit schwarzen Begrenzungslinien getroffen hatte.[16]

Der Sonderbund löste sich am 31. Juli 1915 offiziell auf, nachdem es Querelen zwischen Künstlern und dem Vorstand zur Auswahl der Bilder durch eine Jury gegeben hatte. Der neue 1. Vorsitzende des Sonderbunds, der Maler August Deusser, blockierte nach der Ausstellung in Köln 1912 alle Aktivitäten des Bundes, sodass es keine weiteren Ausstellungen mehr gab.

Bedeutung
Die Sonderbund-Ausstellung 1912 war die erste Zusammenfassung moderner Kunst in Europa und hatte nicht nur einen hohen Stellenwert für die Künstler, sondern ebenfalls für den Kunstmarkt, ein Effekt, der erst wieder 43 Jahre später mit der documenta 1 in Kassel vergleichbar werden sollte.[18] Sie inspirierte die Planung der Armory Show 1913 in New York – die sich in Struktur[19], im Titel und unter anderem an der Typografie des Katalogs an ihr Vorbild anlehnte[20] –, nachdem Arthur B. Davies, Präsident der „Association of American Painters and Sculptors“, den Katalog des Sonderbunds zu Gesicht bekommen hatte. Daraufhin schickte er einen Mitarbeiter, Walt Kuhn, nach Deutschland, der in Köln am letzten Tag der Ausstellung ankam. Ein knappes halbes Jahr später wurden bei dieser ersten amerikanischen Präsentation moderner europäischer Kunst in New York viele Exponate der Kölner Ausstellung gezeigt.[21]

Im Jahr 1913 verhalf der Kunsthändler Herwarth Walden der Moderne in Deutschland zu einer weiteren Ausstellung, genannt Erster Deutscher Herbstsalon, in einem eigens angemieteten Gebäude in Berlin an der Potsdamer Straße. Unter den 366 ausgestellten Gemälden fanden neben dem Blauen Reiter, den Kubisten, Henri Rousseau und Robert Delaunay im Gegensatz zu Köln und New York die italienischen Futuristen Aufnahme. Die Ausstellungen von 1912 und 1913 zeigten die Gleichzeitigkeit unterschiedlicher, wenn nicht gegensätzlicher Tendenzen der Moderne auf.[22] Die Mitglieder des Sonderbundes beeinflussten die Kultur ihrer Zeit in ihren verschiedenen Funktionen maßgeblich; ein Beispiel hierfür ist Edwin Redslob, der als Reichskunstwart die staatliche Kunst- und Kulturpolitik einschließlich der staatlichen Selbstdarstellung der Weimarer Republik wesentlich mitgestaltete.

Rekonstruktion der Ausstellung von 1912
Unter dem Titel „1912 – Mission Moderne. Die Jahrhundertschau des Sonderbundes“ zeigte das Kölner Wallraf-Richartz-Museum vom 31. August bis zum 30. Dezember 2012 eine Rekonstruktion der Sonderbundausstellung aus dem Jahr 1912. Laut Informationen des Museums konnten 115 Exponate nach ihrem heutigen Verbleib recherchiert und als Leihgaben gewonnen werden. Die Retrospektive sollte der Schau von 1912 in ihren Schwerpunkten und Zielsetzungen folgen und im historischen Abstand von 100 Jahren den hohen Stellenwert der Ausstellung für die Kunstgeschichte der Moderne verdeutlichen.[23]